Wir wünschen Euch einen glücklichen Jahresausklang

Liebe Mit­glie­der und Interessierte,

 

mit den besten Wün­schen zum Fest und dem Jah­res­wech­sel ver­ab­schie­den wir uns nach der gest­ri­gen Lan­des­vor­stands­sit­zung der Sozi­al­li­be­ra­len Hamburg in die Weihnachtspause.
Den Auftakt im kom­men­den Jahr wird die Lavo Sitzung am 7.1.2021 um 19.15 Uhr machen.
An den kom­men­den Pro­jek­ten und Zielen in und für Hamburg wird bereits fleißig gear­bei­tet — Dabei ist Eure Inspi­ra­tion und Mit­ar­beit stets herz­lich willkommen.
Neben den tei­löf­fent­li­chen Lan­des­vor­stands­sit­zun­gen und den locke­ren Meet&Talks, könnt ihr bei­spiels­weise alle 14 Tage an unserer aktu­el­len Stunde teilnehmen.
Hier werden inter­es­sante Ham­bur­ger Themen bespro­chen und daraus Artikel für die Website erar­bei­tet. Wenn Ihr also poli­tisch noch mehr „up to date“ sein wollt, gerne schreibt oder einfach für ein Thema brennt, wäre das bestimmt Euer Ding.
Durch die ein­ge­schränk­ten Prä­senz­mög­lich­kei­ten werden wir vorerst weiter online und in Telkos zusammenarbeiten.
Die Infor­ma­tio­nen und Ein­wahl­da­ten dazu erhal­tet Ihr regel­mä­ßig per Mail, über fb, die Website oder die Whats­App Gruppe.
Also schaut einfach mal vorbei oder schreibt uns.
Wir freuen uns auf Euch!
Euer Team der Sozi­al­li­be­ra­len Hamburg
Mail:  lavo@liberale.hamburg

 

Eine S‑Bahn Anbindung für Büchen

Von Willi Per­bandt

Bei­sit­zer im Lan­des­vor­stand, Mit­glied der AG Verkehr, Energie und Umwelt der Sozialliberalen

In seinem heu­ti­gen Beitrag beschäf­tigt sich Willi Per­bandt mit der Idee einer S‑Bahnanbindung von Büchen an die S 21, als Ergän­zung zum Regio­nal­ex­press und deren Ver­län­ge­rung und Ausbau bis nach Boizenburg.

Die momen­tane Situa­tion sieht fol­gen­der­ma­ßen aus:

Büchen und die anderen Ort­schaf­ten östlich von Hamburg sind ver­kehrs­tech­nisch zwar mit dem Regio­nal­zug und einer Direkt­ver­bin­dung zum Haupt­bahn­hof ver­bun­den, aller­dings fahren diese zu nor­ma­len Zeiten nur einmal die Stunde und in den Haupt­ver­ks­zei­ten alle 30 Minuten.

Es fahren sowohl die Regio­nal­bahn­li­nien R1 Rich­tung Schwerin/ Rostock mit Halt in Büchen bzw. Schwar­zen­berg und in den Haupt­ver­kehrs­zei­ten Ver­stär­ker­züge, die nur bis nach Büchen fahren. Nor­ma­ler­weise ist auf der Strecke ein Stun­den­takt ein­ge­rich­tet, in den Haupt­ver­kehrs­zei­ten ver­kehrt die Bahn halbstündlich.

Die Fahr­zeit liegt nach Büchen bei 35 Minuten, wobei häufig Ver­spä­tun­gen dazu kommen und die obli­ga­to­ri­sche ein­ge­bau­ten Puf­fer­zei­ten, damit Ver­spä­tun­gen abge­fan­gen werden können. Das führt dazu, dass die Fahr­zei­ten nicht opti­miert werden, weil der Bun­des­bahn bei Ver­spä­tun­gen die Zuwen­dun­gen gekürzt werden. Bis Bozen­burg beträgt die Fahr­zeit derzeit zwi­schen 47 und 1:01 Minuten nach Schwan­heide sind es 5 Minuten weniger und das für ganze 53 Kilo­me­ter Strecke.

Diese Strecke könnte man bis über Schwan­heide bis Boi­zen­burg ver­län­gern um diese Regio­nen für Ham­bur­ger attrak­ti­ver zu machen und auch so den Woh­nungs­druck vom Ham­bur­ger Woh­nungs­markt zu nehmen. Um aber diese Region annehm­ba­rer zu machen, muss erst einmal eine signi­fi­kante Fahr­zeit­ver­kür­zung von min­des­tens 20 Minuten erreicht werden. Mit der Bahn wird hart ver­han­delt werden müssen, denn es geht schließ­lich um eine ICE-Strecke, wo die Züge auch schnel­ler als durch­schnitt­lich 53 km/h fahren können. Wenn die Bahn nicht in der Lage sein sollte, schnel­lere Züge zur Ver­fü­gung zu stellen, bzw. diese Strecke schnel­ler zu fahren, dann müsste man sich bei der nächs­ten Aus­schrei­bung nach einer Alter­na­tive umsehen.

Zusätz­lich muss man dann auch gleich­zei­tig regel­mä­ßig die Aus­las­tung über­prü­fen, ob auch genü­gend Kapa­zi­tä­ten zur Ver­fü­gung stehen. Dieses sollte man bei den Aus­schrei­bun­gen gleich mit­be­rück­sich­ti­gen, das Reser­ven vor­ge­hal­ten werden müssen bzw. könnte man es auch über Kon­tin­gente ver­trag­lich regeln und es sollten genü­gend Park­plätze kos­ten­los ange­bo­ten werden, um den Men­schen im Umkreis auch eine Alter­na­tive zum Auto zu geben.  

Außer­dem sollte ein zusätz­li­cher Halt am Ber­li­ner Tor gemacht werden, wo schon der Bahn­steig vor­han­den ist aber leider zurück­ge­baut wurde. Viele Fahr­gäste würden dann am Ber­li­ner Tor aus­stei­gen und bräuch­ten nicht bis zum Haupt­bahn­hof zu fahren.

Das hätte dann noch 2 posi­tive Nebeneffekte:

  1. Der Haupt­bahn­hof würde ent­las­tet werden, da viele Fahr­gäste früher aus­stei­gen würden und es wird ja schon überall geschrie­ben, dass der Haupt­bahn­hof erwei­tert werden soll.
  2. Für die Fahr­gäste würde sich eine weitere Fahr­zeit­ver­kür­zung ergeben ca. 5 Min. 

Der nächste Vor­schlag wäre jetzt zusätz­lich die S‑Bahn bis Büchen bzw. sogar bis Boi­zen­burg mit Halt über Schwan­heide fahren zu lassen, um den ÖPNV im Groß­raum Hamburg weiter aus­zu­bauen. Es soll keine Kon­kur­renz zum Regio­nal­ex­press sein, aber die War­te­zei­ten zwi­schen den Zügen ver­kür­zen. 

Hierbei muss aber beach­tet werden, dass auf der Strecke die 2‑Stromsystem S‑Bahnen mit sowohl Strom­ab­neh­mern für die Ober­lei­tung als auch für die nor­ma­len Strom­schie­nen an der Seite ver­keh­ren müssten, wie es schon auf der Strecke nach Stade der Fall ist. Die S‑Bahnen ab Aumühle werden auf der Strecke Hamburg-Berlin verkehren.

Aber auch hier muss eine erheb­li­che Fahr­zeit­ver­kür­zung statt­fin­den. Es kann nicht sein, dass die Fahr­zeit mit den neuen S‑Bahnen ET 490 die bis zu 140 km/h fahren kann gegen­über den alten ET 470 der 100 km/h fährt keine Fahr­zeit­ver­kür­zung zwi­schen Ber­ge­dorf und Hamburg Haupt­bahn­hof statt­fin­det begrün­det ist dieses auch, das auf vielen Stre­cken nur zwi­schen 60 und 70 km/h gefah­ren werden darf. 

Hier stellt sich natür­lich die Frage, warum die Ham­bur­ger S‑Bahn es nicht schafft diese Stre­cken so aus­zu­bauen, das die Höchst­ge­schwin­dig­keit voll aus­ge­fah­ren werden kann. Das ist ja nicht erst seit gestern bekannt und ich bin mir sicher, dass auch die Politik das Problem kennt aber ebenso wenig handelt wie die Bahn.

Aller­dings müsste man hier auf alle Fälle auch noch über­prü­fen, wie schnell diese Strecke dann zu bewäl­ti­gen wäre.

Im selben Angang, sollte man am Ber­li­ner Tor wieder den Ausgang am anderen Ende des Bahn­stei­ges öffnen, um auch hier das mor­gend­li­che Chaos zu ver­rin­gern. 

ZU VIEL FAHRZEIT IST GESTOHLENE LEBENSZEIT!

Politik und Bahn erwe­cken den Ein­druck nicht daran inter­es­siert zu sein, den Fahr­gäs­ten einen guten Komfort anzu­bie­ten, solange es mit Kosten und Mühen ver­bun­den ist.

Es kann aber nicht sein, einer­seits den Auto­fah­rern das Leben so schwer wie möglich zu machen und ande­rer­seits keine ver­nünf­tige Alter­na­tive bzw. sogar Ver­bes­se­rung bieten zu wollen.

Auch der bequeme Zugang und das Ver­las­sen der Anlagen gehören zum Service dazu.

Hier gibt es noch eine Menge Nach­hol­be­darf und es sieht nicht so aus, als ob sich die Ver­ant­wort­li­chen hier­rüber bereits Gedan­ken gemacht hätten.

Um 2 Bei­spiele zu nennen.

  1. Bahnhof Ber­ge­dorf – hier sollte man einen zusätz­li­chen Ausgang zur Hols­ten­straße machen, um den Fahr­gast­strom zu ent­zer­ren. Der Bahnhof ist neu gebaut worden, aber keiner hat daran gedacht, hier einen zusätz­li­chen Aus- und Eingang zu schaffen.
  2. S‑Bahnhof Rüben­kamp — Anstatt den Bahn­steig etwas nach vorne zu ver­le­gen, so dass die Fahr­gäste von der Haupt­brü­cke direkt zu den Gleisen kommen von wo auch die Busse Abfah­ren. Man kann so wesent­lich schnel­ler die Haupt­straße errei­chen und nicht einen Umweg über Holz­trep­pen machen, die auch eng sind, so dass wenn eine Bahn kommt und Leute von Oben zur Bahn möchten immer Gedränge entsteht.

Das nächste Mal wird Willi Per­bandt eine Blog­bei­trag über die Ham­bur­ger Regio­nal­züge schreiben.

Drogenpolitik in Hamburg

von Semjon Feu­er­stack

Lan­des­vor­sit­zen­der der Sozi­al­li­be­ra­len Hamburg

Die Grünen waren die erste bekannte Partei, die sich für eine Frei­gabe von Mari­huana aus­ge­spro­chen hat. Auch heute ver­sucht die Partei noch, sich mit dieser For­de­rung einen libe­ra­len Touch zu geben. Die Praxis sieht leider anders aus:

Wie die „taz“ auf­zeigt, gibt es in keinem Bun­des­land mehr Betäu­bungs­mit­tel­kon­trol­len je 100.000 Ein­woh­ner als in Hamburg. 758 Ver­stöße gegen das Betäu­bungs­mit­tel­ge­setz wurden pro 100.000 Ein­woh­ner wurden im Jahr 2019 regis­triert, davon 596 „kon­sum­nahe Delikte“ (also Erwerb und Besitz zum Eigen­be­darf), von denen wie­derum 359 aus­schließ­lich Can­na­bis betref­fen. 

Dabei steigt die Zahl der Betäu­bungs­mit­tel­de­likte mit der Anzahl durch­ge­führ­ter Kon­trol­len. Wer die Taschen von 1.000 Pas­san­ten durch­sucht, wird höchst­wahr­schein­lich mehr Dro­gen­kon­su­men­ten ermit­teln als jemand, der ledig­lich die Taschen von 100 Pas­san­ten durch­sucht. Hamburg kon­trol­liert mithin am meisten. Und was nützt das?

Es müssen zunächst Straf­ver­fah­ren ein­ge­lei­tet und Ermitt­lun­gen durch­ge­führt werden. Zwar können Ver­fah­ren bei „Eigen­be­darf“ in „gerin­ger Menge“ ein­ge­stellt werden – bis zum Ein­stel­lungs­be­scheid fallen aber erheb­li­che Kosten zu Lasten des Steu­er­zah­lers und Über­stun­den ohnehin schon am Limit arbei­ten­der Poli­zei­be­am­ten an. Gerade bei „Wie­der­ho­lungs­tä­tern“ ist eine Ein­stel­lung des Ver­fah­rens keine Selbst­ver­ständ­lich­keit. Es droht eine Geld­strafe oder gar Frei­heits­strafe bis zu fünf Jahren, womög­lich auch ein Verlust des Arbeits­plat­zes, der Wohnung und/oder des Füh­rer­scheins. 

Dabei geht es nicht um den sicher unstrei­ti­gen Grund­satz, dass man unter Ein­fluss von Rausch­mit­teln kein Kraft­fahr­zeug führen sollte. Can­na­bis ist teil­weise noch Wochen nach dem letzten Konsum nach­weis­bar. Bei allen anderen Drogen reicht sogar der ein­ma­lige Konsum für einen Entzug der Fahr­erlaub­nis. Es gibt keine wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nisse, dass ein regel­mä­ßi­ger Can­na­bis­kon­sum die Fahr­eig­nung auch dann beein­flusst, wenn der Fahrer nüch­tern ist. Dass die Fähig­keit zur Teil­nahme am Stra­ßen­ver­kehr nicht beein­träch­tigt sein wird, wenn jemand z. B. vor Jahren ein ein­zi­ges Mal Ecstasy pro­biert hat und seitdem kei­ner­lei Auf­fäl­lig­kei­ten zeigte, sollte sich bereits mit logi­schem Men­schen­ver­stand erschließen.

Längst wird ein Ende der Pro­hi­bi­tion nicht mehr nur von Orga­ni­sa­tio­nen wie dem Deut­schen Hanf­ver­band oder dem Can­na­bis Social Club Hamburg e. V. gefor­dert, bei denen man ein per­sön­li­ches Inter­esse an einer Ent­kri­mi­na­li­sie­rung ver­mu­ten könnte. Mit LEAP (Law Enfor­ce­ment Against Pro­hi­bi­tion) gibt es einen inter­na­tio­na­len Zusam­men­schluss an Poli­zei­be­am­ten, Staats­an­wäl­ten, Rich­tern, Straf­ver­tei­di­gern und Dro­gen­ex­per­ten, die den Krieg gegen Drogen aus eigener pro­fes­sio­nel­ler Erfah­rung als geschei­tert ansehen. Der „Schil­dower Kreis“ legt rechts­wis­sen­schaft­lich fun­diert dar, warum eine Ände­rung der Dro­gen­po­li­tik geboten ist.

Hamburg trotzt allen wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis­sen, allen wirt­schaft­li­chen Gegen­über­stel­lun­gen der Pro­hi­bi­ti­ons­kos­ten und der (mög­li­chen) Belas­tun­gen des Gesund­heits­sys­tems durch Dro­gen­kon­su­men­ten und allen Kon­zep­ten zu einer Ent­kri­mi­na­li­sie­rung zumin­dest von Mari­huana und führt eine sehr unrühm­li­che Sta­tis­tik an als Bun­des­land mit den meisten Dro­gen­kon­trol­len. Das ist nicht sozi­al­de­mo­kra­tisch und erst recht nicht liberal, sondern kon­ser­va­tiv im Sinne von rück­stän­dig. 

Für ver­nunf­t­ori­en­tierte zeit­ge­mäße Dro­gen­po­li­tik emp­feh­len wir einen Blick in unser Par­tei­pro­gramm.

„Überwiegend öffentliches Interesse“ — Was ist das eigentlich?

von Isabel Wiest

Mit­glied des Lan­des­vor­stands, ehem. Abge­ord­nete der BV Harburg, Juristin

In Hamburg und der Metro­pol­re­gion werden immer mehr Infra­struk­tur­pro­jekte, die mit­un­ter stark in Natur­schutz­be­lange, in Moor­gür­tel oder Feucht­bio­tope ein­grei­fen, u.a. mit dem „über­wie­gen­den öffent­li­chen Inter­esse“ begrün­det. Dabei klingt es fast so, als wolle man Natur­schutz­in­ter­es­sen gegen andere öffent­li­che Inter­es­sen stellen, anstatt sie selbst als wich­ti­gen Teil des öffent­li­ches Inter­esse zu werten.

Was also mit diesem Rechts­be­griff in Zeiten des Kli­ma­wan­dels über­haupt gemeint ist, und warum er gerade in Natur­schutz­be­lan­gen nicht unhin­ter­fragt zum unbe­stimm­ten pla­ne­ri­schen Tot­schlag­ar­gu­ment werden darf, das wollen wir heute am Bei­spiel des geplan­ten Aldi-Lagers in Stelle diskutieren.

Die Zustim­mung des Land­krei­ses Harburg zum Bau des groß­flä­chi­gen Logis­tik­la­gers in Stelle bedroht das geschützte Feucht­bio­top Pen­ne­kuhle. Die dortige Natur­schutz­be­hörde begrün­dete ihren posi­ti­ven Bescheid mit der Not­wen­dig­keit des Aldi-Lagers wegen des über­wie­gen­den öffent­li­chen Inter­es­ses.

Der Regio­nal­ver­band des BUND hat dagegen jetzt Beschwerde bei der unteren Natur­schutz­be­hörde in Winsen ein­ge­legt und gleich­zei­tig eine Dienst­auf­sichts­be­schwerde gegen den Landrat ein­ge­reicht. Der BUND sieht hier, neben vielen anderen Kri­tik­punk­ten an dem Vor­ha­ben, eine falsche Begrün­dung vor­ge­scho­ben und unter­mau­ert seine Auf­fas­sung wie folgt:

Seit 2015 seien die Gewer­be­steu­er­zah­lun­gen des bereits in Ohlen­dorf ansäs­si­gen Unter­neh­mens in der Gemeinde See­ve­tal von 1,65 Mil­lio­nen in 2015, auf 600.000 in 2017 und auf Null seit seit dem Jahr 2018 gesunken.

Auch signi­fi­kant neue Arbeits­plätze seinen wohl nicht zu erwar­ten, da es sich wahr­schein­lich nur um eine Ver­la­ge­rung des Stand­orts handele.

Kurz: Ein über­wie­gen­des öffent­li­ches Inter­esse sieht der BUND hier nicht gegeben.

Grund genug für eine kurzen recht­li­chen Exkurs:

Recht des Natur­schut­zes und der Land­schafts­pla­nung findet sich auch in § 19 BNatschG, der Ein­griffs­re­ge­lung, impli­zit das „öffent­li­che Interesse“.

Danach müssen Ein­griffe in Natur und Land­schaft zunächst ver­mie­den oder aus­ge­gli­chen werden. Wenn das nicht gelingt, dürfen sie nur zuge­las­sen werden, wenn „die Belange des Natur­schut­zes und der Land­schafts­pflege bei der Abwä­gung aller Anfor­de­run­gen an Natur und Land­schaft anderen Belan­gen im Range vor­ge­hen.“ Die genann­ten „anderen Belange“ sind nicht nur, aber auch und vor allem öffent­li­che Inter­es­sen, denen regel­mä­ßig ein höheres Gewicht ein­ge­räumt wird als „nur“ pri­va­ten Interessen.

Schließ­lich findet man das „öffent­li­che Inter­esse“ an zen­tra­ler Stelle im Schutz­re­gime der FFH-Richt­li­nie und folg­lich auch in den ent­spre­chen­den Vor­schrif­ten des BNatSchG also in Art. 6 FFH-RL bzw. § 34 BNatSchG. Die Vor­schrif­ten besagen, dass Pro­jekte oder Vor­ha­ben mit beein­träch­ti­gen­den Wir­kun­gen in oder auf ein euro­päi­sches Schutz­ge­biet Natura 2000 nur dann geneh­migt werden dürfen, wenn erstens Alter­na­tiv­lö­sun­gen nicht vor­han­den sind und zwei­tens soweit es aus „zwin­gen­den Gründen des über­wie­gen­den öffent­li­chen Inter­es­ses, ein­schließ­lich solcher sozia­ler oder wirt­schaft­li­cher Art“ erfor­der­lich ist.

Man kann nun aber eine regel­rechte Infla­tion dieser „öffent­li­chen Inter­es­sen“ kon­sta­tie­ren, die es erfor­der­lich macht, zu klären, was am Ende für den Natur­schutz übrig bleibt, oder genauer: Wie das öffent­li­che Inter­esse in § 34 NatSchG zu ver­ste­hen ist. Und diese Frage stellt sich in Zeiten des Kli­ma­wan­dels umso drin­gen­der, weil das öffent­li­che Inter­esse in dieser Vor­schrift ein unbe­stimm­ter Rechts­be­griff ist aber gleich­zei­tig Element einer voll kon­trol­lier­ba­ren Rechts­gü­ter­ab­wä­gung sein muss und nicht nur Hohl­flos­kel einer pla­ne­ri­schen Abwägung.

Selbst­ver­ständ­lich muss dabei auch immer die Frage mit­be­dacht werden, wie und von wem das öffent­li­che Inter­esse for­mu­liert und kon­trol­liert wird. Hat man bei­spiels­weise die Aus­ein­an­der­set­zun­gen um das Müh­len­ber­ger Loch vor Augen, wurde ein aus­schließ­lich privat genutz­ter Flug­ha­fen einer pri­va­ten Firma unter Beru­fung auf zwin­gende Gründe des über­wie­gen­den öffent­li­chen Inter­es­ses genehmigt.

Die Dis­kus­sion um das geplante Logis­tik­la­ger, das den gesam­ten Land­kreis auch in Sachen Verkehr und Ent­wick­lungs­mög­lich­kei­ten in Atem hält, bleibt also spannend.

 

Wenn Sie mit uns über aktu­elle Themen dis­ku­tie­ren wollen, inter­es­sante Infor­ma­tio­nen haben oder an unserer aktu­el­len Stunde teil­neh­men möchten, wenden Sie sich bitte an lavo@liberale.hamburg.

 

 

 

Zukunftsperspektive Hafen Hamburg

Sie kam wie ein Don­ner­schlag und erfasst ange­sichts der Corona Krise noch bei weitem nicht die tat­säch­li­che Trag­weite der aktu­el­len und der zu erwar­ten­den Situa­tion im Ham­bur­ger Hafen.

Es geht um die neueste Hafen­ent­wick­lungs­pro­gnose, die die HPA 2018 beim For­schungs­un­ter­neh­men ETR (Eco­no­mic Trend Rese­arch) bei dem ehe­ma­li­gen HWWI Prof. M. Bräu­n­in­ger und der CPL in Auftrag gegeben hatte. Ihr ernüch­tern­des Ergeb­nis liegt jetzt vor.

Und was Die Sozi­al­li­be­ra­len Hamburg schon lange kri­ti­siert hatten, scheint sich auf fast tra­gi­sche Weise zu bewahr­hei­ten. Die Pro­gno­sen des letzten Hafen­ent­wick­lungs­plans von 2010 sind (auch ohne die Coro­na­krise zu berück­sich­ti­gen) maßlos über­zo­gen gewesen. Eine wilde Phan­ta­sie, an der man sich fest­hielt, obwohl sich schon all die Jahre abzeich­nete, dass da wohl irgend­et­was nicht stimmen könne.

Dieser ver­al­tete Plan, der als Ent­schei­dungs­grund­lage für viele ein­schnei­dende und umwelt­be­denk­li­che Infra­struk­tur­pro­jekte diente, pro­gnos­ti­zierte die Ent­wick­lung der Umschlags­zah­len bis 2025 nämlich doppelt so hoch, wie der aktua­li­sierte Plan es jetzt bis ins Jahr 2035 tut. 

Kurz: die Studie hat ganze 10 Jahre mehr im Blick, die coro­nabe­dingte welt­weite Wirt­schafts­krise noch nicht einmal mit­be­rück­sich­tigt und pro­gnos­ti­ziert mit 13,2 Mio. TEU gerade mal die Hälfte der Umschlags­zah­len, die der alte Plan sich ausmalte. 

Und noch eine Ohr­feige ver­passt die Studie der Wirt­schafts­be­hörde: Auch die Pro­gno­sen zu den Wir­kun­gen der Elb­ver­tie­fung, die wohl ab 2022 ein­tre­ten sollen, sieht sie pro Schiffs­an­lan­dung 15 nied­ri­ger, als erhofft.

Die Kor­rek­tur ist derart dra­ma­tisch, dass jetzt eigent­lich Infra­struk­tur­pro­jekte wie die A26, denen offen­sicht­lich völlig falsche Ver­kehrs­pro­gno­sen zu Grunde liegen, oder die unsin­nige Fehl-Bele­gung der Hafen­er­wei­te­rungs­flä­chen in Moor­burg und Alten­wer­der unver­züg­lich auf den Prüf­stand gehören.

Gleich­zei­tig wird unter diesem Brenn­glas auch über­deut­lich, dass man in Hamburg viel zu lange an einem wan­ken­den Riesen geglaubt hat. Wich­tige Ent­wick­lun­gen, wie bspw. die Grün­dung eines großen Wis­sen­schafts- und For­schungs­parks mit Woh­nungs­bau in Moor­burg, sind schlicht ver­schla­fen worden.

Ein schnel­les Umden­ken ist jetzt wich­ti­ger denn je, wenn die Stadt neben dem Hafen eine zukunfts­fä­hige urbane Wirt­schaft und tau­sende von Arbeits­plät­zen sichern will.