von Isabel Wiest

Mit­glied des Lan­des­vor­stands, ehem. Abge­ord­nete in der BV Harburg, Juristin

Immer wieder werden in Hamburg Bür­ger­be­geh­ren und Bür­ger­ent­scheide in den Bezir­ken aus­ge­he­belt, aus­ge­bremst oder sogar nach einem erfolg­rei­chen Bür­ger­ent­scheid auf­ge­ho­ben, also vom Ham­bur­ger Senat evoziert.

Ob es der beliebte Veritas Beach­club in Hamburg Harburg war, das Bis­marck­bad in Hamburg-Altona oder zahl­rei­che andere Her­zens­an­lie­gen der Ham­bur­ge­rIn­nen, oft müssen diese Perlen großen Bau­vor­ha­ben weichen. Und das all­zu­oft gegen den breiten Willen der Men­schen vor Ort.

Seit 20 Jahren gibt es diese Betei­li­gungs­ver­fah­ren bereits, seit 1998 sind in Hamburg aller­dings mehr als 30 Bür­ger­be­geh­ren und Bür­ger­ent­scheide in den Bezir­ken gegen den Bür­ger­wil­len vom Senat evo­ziert worden.
Dieses Vor­ge­hen führt die eigent­lich gewollte Mit­be­stim­mung der Bür­ge­rIn­nen häufig ad absur­dum, es fördert poli­ti­schen Frust, riecht nach Willkür und schreckt die Men­schen von wei­te­rer Betei­li­gung ab. Zivil­ge­sell­schaft­li­ches Enga­ge­ment in den Bezir­ken wird so jeden­falls nicht befördert.

Die Sozi­al­li­be­ra­len wollen diese Formen der Bür­ger­be­tei­li­gung endlich ver­bind­lich machen und das Evo­ka­ti­ons­recht des Ham­bur­ger Senats ein­schrän­ken. Seit vielen Jahren haben wir eine klare Posi­tion dazu in unseren Ham­bur­ger Pro­gram­men ver­an­kert, damit Bür­ger­be­geh­ren und Bür­ger­ent­scheide bin­dende Wirkung ent­fal­ten, sofern sie haus­halts­recht­lich machbar sind.

Ein Bündnis aus mehr als zwei Dutzend Orga­ni­sa­tio­nen hat nun sich in Hamburg zusam­men­ge­tan, um ein ent­spre­chen­des Volks­be­geh­ren auf den Weg zu bringen. Es soll zwi­schen dem 5. und 25. Oktober statt­fin­den — in dieser Zeit muss die Initia­tive dann 66.000 gültige Unter­schrif­ten von Ham­bur­ge­rIn­nen sammeln.

Soll das Votum in den Bezir­ken aller­dings für den Senat tat­säch­lich bindend sein, muss auch die Ham­bur­ger Ver­fas­sung geän­dert werden. Derzeit prüft der Senat dies­be­züg­lich gerade die Anru­fung des Verfassungsgerichts.

Die Sozi­al­li­be­ra­len in Hamburg werden das Volks­be­geh­ren unter­stüt­zen. Es greift unsere lang­jäh­ri­gen For­de­run­gen im Bereich bes­se­rer Betei­li­gung sowie der Stär­kung der bezirk­li­chen Auto­no­mie auf. Wir begrü­ßen aus­drück­lich das Enga­ge­ment der Initia­tive und wün­schen im Oktober viel Erfolg!

Dann werden wir sehen, wie ernst es den Par­teien tat­säch­lich mit ihren Wahl­ver­spre­chen ist.

Erin­nern wir uns:

 

Die SPD schreibt dazu in Ihrem Leit­an­trag von 2018 zu den Bezirks­ver­samm­lungs­wah­len 2019: „Was vor Ort besser ent­schie­den und umge­setzt werden kann, soll auch vor Ort ent­schie­den und umge­setzt werden”.

Die Grünen bezeich­nen die Bürger*innenbeteiligung in ihrem Bür­ger­schafts­wahl­pro­gramm als ein zen­tra­les Element der Statd­ten­wick­lung. In ihren Bezirks­wahl­pro­gram­men bezeich­nen sie die Bürger*innen vor Ort als die eigent­li­chen Exper­ten, wenn es um die Gestal­tung ihrer unmit­tel­ba­ren Wohn­ge­gend geht.

Die CDU führt im Bür­ger­schafts­wahl­pro­gramm aus, dass lokale Ent­schei­dun­gen — welche Straße instand­ge­setzt, welche Jugend­ein­rich­tung oder welcher Senio­ren­treff geför­dert wird, wie die Nach­ver­dich­tung von Wohn­be­bau­ung gelingt – auch direkt in die Zustän­dig­keit der Bezirke und nicht in den Zugriff der Lan­des­be­hör­den gehören.