Olympia — Sie entscheiden!
Bis zum 29.11. stimmen die Hamburgerinnen und Hamburger in einer Volksbefragung über die Bewerbung der Stadt für Olympia 2024 ab. Wir klären für Sie die wichtigsten Fragen!
Die Olympischen Spiele sind ein Sportwettbewerb. Die Spiele gehen auf antike Spiele im griechischen Olympia zurück und wurden im 19. Jahrhundert wieder belebt, um über den sportlichen Wettkampf zwischen Nationen die Völkerverständigung zu fördern. Seitdem werden sie alle vier Jahre an wechselnden Orten in der Welt vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) durchgeführt. Es dürfen Amateur- und Profisportler teilnehmen. Für viele Sportler sind Olympiateilnahmen der Höhepunkt ihrer sportlichen Karriere. Kritiker werfen dem IOC eine zunehmende Kommerzialisierung der Spiele vor. Tatsächlich sind die Spiele eine Industrie mit Milliardenumsätzen geworden und auch wenn Sportler keine Preisgelder erhalten, erhöht sich durch Olympia deren Marktwert für die Werbeindustrie.
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat zur Bedingung für eine Bewerbung gemacht, dass die Bevölkerung am Austragungsort hinter der Durchführung der olympischen Spiele steht. In Hamburg hat man sich bereit erklärt, dies durch eine Volksbefragung, also ein Referendum, festzustellen. Nur wenn die Mehrheit der Hamburgerinnen und Hamburger sich für eine Bewerbung um die olympischen Spiele entscheidet, wird Hamburg sich um die Spiele bewerben.
Im Sommer 2024. Sie werden 6 Wochen dauern. Sollte die Bewerbung scheitern, will Hamburg sich auch für die Spiele im Jahr 2028 bewerben.
Für die Spiele wird mit Gesamtkosten in Höhe von 11,22 Milliarden Euro geplant. Davon entfallen 2,6 Milliarden auf die Durchführung der Spiele, 2,1 Milliarden für Verkehrsmaßnahmen, 2 Milliarden für den Bau der olympischen Spielstätten und 1,7 Milliarden für den Bau eines olympischen Dorfes. Laut Angaben in dem vorläufigen Finanzkonzept sollen 8 Milliarden für nachhaltige Infrastrukturmaßnahmen in den Bereichen Sport, Verkehr und Wohnen investiert werden. Wieviel davon wirklich nachhaltig sein wird, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht genau sagen. Übrig bleiben also 3 000 Millionen Euro, die für 6 Wochen Sport bezahlt werden. Man rechnet mit Einnahmen von 3,8 Milliarden Euro, wobei davon 1,7 Milliarden als Zuschüsse des IOC feststehen. Weitere 1,7 Milliarden sind reine Schätzungen, die vom Ticketverkauf und Vermarktungserlösen abhängen, d.h. die Erlöse können auch niedriger ausfallen. Olympia würde also einen Verlust von 7,4 Milliarden Euro einfahren, falls alle Planungsannahmen eintreffen. Falls die Ticketerlöse wie bei der Internationalen Gartenschau geringer als erwartet ausfallen, wird der Verlust größer. Eine Studie der Universität Oxford aus dem Jahr 2012 zeigt, dass die tatsächlichen Kosten von olympischen Sommerspielen im Durchschnitt 252% höher als geplant ausfallen. Für die letzten Sommerspiele in London war mit 4,3 Milliarden britischen Pfund geplant. Die tatsächlichen Kosten beliefen sich auf 8,4 Milliarden britische Pfund. Bis heute blieben einzig die Spiele 2008 in Peking im Planungsrahmen. Kritische Stimmen merken an, dass es viele Kosten (z.B. für den Rückbau) gibt, die in der Planung nicht berücksichtigt wurden.
Der Hamburger Senat hat sich bereit erklärt, 1,2 Milliarden Euro zu bezahlen. Die restlichen 6,2 Milliarden soll der Bund bezahlen. Von diesem liegt aber keine Zusage vor. Es gibt also nur die Hoffnung und die Vermutung, dass der Bund zahlt. Unklar ist z.Z. auch, was passiert, wenn die Kosten wie bei der Elbphilharmonie steigen oder die erwarteten Einnahmen sinken sollten. Dann würde der zu finanzierende Verlust von 7,4 Milliarden höher ausfallen und Hamburg müsste mehr als die geplanten 1,2 Milliarden Euro bezahlen. Setzt man die Erfahrungen anderer Olympischer Spiele zum Maßstab, kämen mindestens weitere 1,2 Milliarden Euro auf Hamburg zu.
Hamburg würde, als Austragungsort für ein weltweit bedeutendes Sportereignis, 6 Wochen lang im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen. Man erhofft sich dadurch in die Liga von Weltstädten wie New York, Tokyo, London und Paris vorzustoßen, genauso wie sich das Calgary und Sotschi erhofft hatten. Die Investitionen in Sportstätten, Verkehrsinfrastruktur und Wohnungen werden durch die Olympischen Spiele beschleunigt. Hamburg hofft, die Spiele für die Durchführung von Stadtentwicklungsmaßnahmen nutzen zu können, wobei der Bund bereits klar gemacht hat, dass die Zuschüsse des Bundes nicht dazu dienen sollen einen neuen Stadtteil zu bauen, sondern nur die Durchführung der Spiele zu ermöglichen.
Kritiker befürchten während der Spiele unter anderem eine Einschränkung der Bürgerrechte durch hohe Sicherheitsanforderungen und eine Begrenzung der Versammlungsfreiheit.
Während der Spiele soll die City autofrei sein und wird daher für Autos gesperrt. Es wird allerdings Ausnahmen für Polit- und Sportfunktionäre, sowie Olympiasportler geben. Bis zum Jahr 2024 werden zahlreiche Baumaßnahmen durchgeführt werden müssen, die zu einer Beeinträchtigung des alltäglichen Verkehrs führen werden. Die Ausmaße der Beeinträchtigung hängen von der Planungskompetenz der künftigen Senate und der Dauer der Bauarbeiten ab und sind daher nicht vorhersagbar. Da während der Spiele pro Tag 500 000 Gäste in Hamburg erwartet werden, müssen die Verkehrskapazitäten deutlich ausgebaut werden. Es kann sein, dass die Investitionskosten dafür nach den Spielen über Erhöhungen der Fahrpreise reingeholt werden.
Bisherige Erfahrungen aus anderen Olympiastädten zeigen, dass die Immobilien- und Mietpreise steigen können. Im Olympischen Dorf werden 8000 Wohnungen für 18 000 Menschen gebaut. Nach den Spielen können diese normal im Wohnungsmarkt genutzt werden. Das sind 1000 Wohnungen pro Jahr. Angesichts des normalen Wachstums der Stadt sind diese 8000 Wohnungen aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein und führen zu keiner nennenswerten Entlastung der Wohnungssituation. Sollte durch die Olympischen Spiele ein stärkerer Zuzug nach Hamburg stattfinden, wird sich die Situation auf dem Wohnungsmarkt für Wohnungssuchende verschlechtern und Immobilienbesitzer verbessern.
Betriebe auf dem Kleinen Grasbrook müssen in andere Teile des Hafens umziehen. Die Gesamtfläche des Hafens schrumpft. Man erhofft sich ein Wachstum der Kreuzfahrtbranche im Hafen. Während der Umzüge stehe die Hafenbetriebe vor der Herausforderung, ihren Geschäftsbetrieb aufrechterhalten zu müssen. Ausgleiche für operative Verluste sind nicht vorgesehen.
Hamburg erhält zusätzliche Sportstätten. Zudem werden bestehende Sportstätten modernisiert. Sportler aus aller Welt kommen zusammen und man kann sich austauschen und kennenlernen. Olympia wird für den Hamburger Sport eine große Party.
Die Investitionen in die Infrastruktur kommen der Wirtschaft zugute, allerdings nicht unbedingt der lokalen Wirtschaft, da alle Aufträge international ausgeschrieben werden und Olympia viele Internationale Sponsoren im „Gepäck“ hat, die mit festen Verträgen bei der Ausrichtung der Spiele beteiligt sind. Die Immobilienwirtschaft wird sehr profitieren, da Immobilienpreise in jedem Fall steigen werden. Ursache hierfür sind die verbesserten Infrastruktur, Modernisierungen und natürlich der knappe Platz angesichts steigender Nachfrage. Genauso sicher werden die Tourismuswirtschaft und die Gastronomiebranche ihre Umsätze und Gewinne durch Olympia erhöhen. Allerdings erfordern die Olympischen Spiele eine massive Ausweitung der Übernachtungskapazitäten. Wie die erhöhte Bettenzahl nach den Spielen auf die Übernachtungspreise wirkt, ist noch unklar.
Die Kosten für die Bewerbung betragen voraussichtlich bis zum Jahr 2017 50 Millionen Euro, die je zur Hälfte von der Stadt Hamburg und der Wirtschaft bezahlt werden sollen. Dieses Geld wäre im Falle einer gescheiterten Bewerbung weg. Der Anteil der Wirtschaft an den 50 Millionen ist freiwillig und beruht auf Annahmen über noch zu erfolgende Spenden. Den Großteil der Bewerbungskosten bezahlt in jedem Fall der Steuerzahler.
Die Olympia-Initiative „Feuer und Flamme“, die gegenwärtig für die Ausrichtung der Olympischen Spiele wirbt, wird von der Wirtschaft finanziert. Die Stadt Hamburg selbst darf kein Geld dafür ausgeben. Dies gilt allerdings nicht für Betriebe, die sich im Eigentum der Stadt befinden. So gehört z.B. die HSH Nordbank zu den Spendern von „Feuer und Flamme“. Der Steuerzahler bezahlt also wieder indirekt die Werbung zur Zustimmung, selbst wenn er dagegen sein sollte.
Für die Spiele sprechen sich der Hamburger Senat, alle Betriebe im Eigentum der Stadt, Teile der Hamburger Wirtschaft und die Parteien SPD, CDU, Grüne und FDP aus.
Gegen die Spiele sind das Bündnis ►NOlympia, Teile der Hamburger Wirtschaft, verschiedene Umweltschutzverbände, sowie die Parteien Linke und die Piraten.
Die Entscheidung für oder gegen eine Bewerbung von Hamburg liegt bei den Bürgerinnen und Bürgern Hamburgs. Und genau da gehört sie auch hin. Wir sehen unsere Aufgabe darin, den Bürgern Informationen und Argumente zu liefern, damit diese selbstbestimmt eine Entscheidung treffen können ohne manipuliert zu werden.
Man kann nicht pauschal sagen, dass Olympia gut oder schlecht für die Stadt wäre. Die Wirkung von Olympia ist abhängig von den Interessen des jeweiligen Bürgers oder der Bürgerin. Ein Immobilienbesitzer, Hotelangestellter oder ein Leistungssportler wird die Olympischen Spiele zu Recht ganz anders bewerten als ein Mieter, Berufspendler oder Umweltschützer.
Wir wollen allen Bürgern die erforderlichen Informationen bereitstellen, damit diese am Ende selbstbestimmt eine Entscheidung zum Wohle der Stadt treffen und die Entscheidung nicht durch Kampagnen von Politikern und Konzernen vorgegeben werden.
Briefwahl:
1. Stimmzettel in den blauen Umschlag.
2. Blauer Umschlag gemeinsam mit dem Abstimmungsschein in den roten Umschlag.
3. Roten Umschlag kostenfrei ans Bezirksamt schicken.
Vor Ort:
Am 29.11. von 8 bis 18 Uhr an den Abstimmungsstellen abgeben.
Wer Verträge mit dem IOC, Finanzplanung des Senates und Drucksachen zu dem Thema selber anschauen findet diese auf dem ►Transparentportal.
►Hier finden Sie den offizielllen Bericht des Rechnungshofs.
Für diejenigen, die sich gerne detaillierter mit den verschiedenen Argumenten der Befürworter und der Kritiker auseinandersetzen möchten, hier noch ein paar Links:
Pro:
►Feuer und Flamme für Hamburg GmbH
Contra:
►Wahrscheinlich die umfangreichste Ansammlung von kritischen Argumenten > NOlympia
►Olympiakritik aus der Wissenschaft
Pressemitteilung zu diesem Thema:
Olympia-Referendum: Hamburger brauchen keine Bevormundung!
Erstmalig in Hamburg findet für die Bewerbung für Olympia 2024 eine Volksbefragung auf Initiative des Senats statt. Mit dem Versand der Abstimmungsunterlagen hat die heiße Phase für das Referendum zur Olympia-Bewerbung begonnen.
Dazu erklären die Hamburger Landesvorsitzenden der Neuen Liberalen, Barbara Lewy und Kay Wolkau:
„Für eine Volksbefragung ist eine solide Entscheidungsgrundlage mit objektiven Informationen und einem fairen, transparenten Verfahren oberstes Gebot. Dagegen hat der Hamburger Senat klar verstoßen.“
Barbara Lewy: „Mit bunten Bildern und beeindruckenden Zahlen werden die Hamburger bei Werbeveranstaltungen des Senats überflutet. Das steht im Gegensatz zu der Notwendigkeit guter Bürgerbeteiligung, die objektive Informationen und ergebnisoffene Diskussionen voraussetzt. Dass es hieran mangelt, wird schon an der Darstellung der kritischen Argumente in den Abstimmungsunterlagen deutlich. Anders als bisher wurde dieses Referendum vom Senat selbst initiiert. Der Senat hat dann die besondere Pflicht, ein demokratisches Abstimmungsverfahren zu garantieren.“
Kay Wolkau: „Unverblümte Werbeveranstaltungen des Senats sollen die Hamburger von einer wohl erwogenen Entscheidung abhalten. Massiv macht der Senat Olympia-Werbung auf Bussen und Bahnen mit staatlichen Geldern. Mit Zustimmung von Senator Horch als Aufsichtsratsvorsitzender hat der Vorstand der HOCHBAHN hohe Summen für Olympia-Werbung freigegeben. Hinzu kommen Finanzmittel der S‑Bahn. Die Gegner der hamburgischen Olympiabewerbung haben diese Möglichkeiten nicht.“
„Eine faire Abstimmung sieht anders aus. Wenn dann –wie jüngst in Harburg geschehen– mit den Stimmen der übergroßen Abgeordnetenmehrheit dazu aufrufen wird, beim Referendum mit „Ja“ zu stimmen, setzt das dem Fass die Krone auf, “ so Lewy und Wolkau abschließend.